Praktizieren mit Körper und GeistFreitag, 2. Zazen
Wenn wir Zazen praktizieren, praktizieren wir den Weg des Buddha, und wir folgen diesem Weg. Zazen ist keine persönliche Praxis. Im täglichen Leben versucht jeder, seine Persönlichkeit, seine Unterschiede, sein Ego zu behaupten. Wenn wir Zazen praktizieren, folgen wir dem Weg, dem Buddha und alle Meister der Weitergabe gefolgt sind. Es ist kein Weg, den sie geschaffen haben, sondern es ist der Weg, den Buddha Shakyamuni wiederentdeckt hat, dem alle alten Buddhas gefolgt sind.
Zwar ist er sehr alt, doch wenn wir ihm folgen, wenn wir ihn praktizieren, verwirklicht er sich hier und jetzt in uns, in unserem Körper und unserem Geist, jenseits unserer Konditionierungen in der Bewegung des Loslassens. Meister Dogen nannte es shin jin datsuraku. Es war die Essenz seines Erwachens. Shin der Geist, jin der Körper, datsuraku befreit, von allem befreit, was uns von den anderen trennt.
Meister Dogen sagte: „Dieser Weg des Buddha kann nicht ohne Praxis erreicht werden, und wenn man ihn nicht studiert, bleibt er verborgen.“
Meister Nangaku sagte: „Es ist nicht so, dass es keine Praxis und keine Verwirklichung gibt, aber sie dürfen nicht befleckt werden.“
Wenn man den Weg des Buddha nicht studiert, besteht die Gefahr, dass man auf falsche Wege gerät. Den Weg des Buddha zu praktizieren und Buddha zu sein sind nicht zwei verschiedenen Dinge; Praxis und Erwachen sind nicht getrennt. Der Weg entsteht jedoch nicht durch Zazen, sondern Zazen ermöglicht es, ihn zu erwecken, ihn zu verwirklichen. Es geht nicht darum, etwas zu studieren, das außerhalb von uns liegt.
Wenn wir die Sutras oder das Shobogenzo studieren, müssen wir uns fragen, was die Texte uns persönlich sagen. Wir sollten erkennen, dass es im Grunde um die Essenz unseres Lebens geht. Dies kann nicht intellektuell mit Worten verstanden und realisiert werden. Es geht nicht darum, zu verstehen, dass ich so oder so bin, es ist keine Psychotherapie. Alles, was uns ausmacht, unser Körper, unsere Empfindungen, unsere Wahrnehmungen, unsere Wünsche, unsere geistigen Konstrukte und selbst unser Bewusstsein, ist völlig unbeständig und ohne Substanz. All das existiert, aber nur in völliger wechselseitiger Abhängigkeit mit der kosmischen Ordnung. Es gibt kein getrenntes Ego.
Viele Menschen verschwenden viel Zeit und Energie damit, ihre Persönlichkeit zu behaupten, um das Objekt ihrer Wünsche zu erlangen. Wenn sie dabei scheitern, werden sie deprimiert, und wenn es ihnen gelingt, haben sie Angst, das zu verlieren, was sie erreicht haben. Aus diesem Grund hatte Meister Deshimaru den Tempel La Gendronnière das Schloss der Nicht-Angst genannt, muijo. Es ist die mushotoku-Praxis, die es ermöglicht, diese Nicht-Angst zu realisieren. Mushotoku ist das Wort, das ich am häufigsten aus dem Mund von Meister Deshimaru gehört hatte. Wenn er seine Schüler kritisierte, dann deshalb, weil er fand, dass sie nicht mushotoku waren.
Einem Sesshin zu folgen bedeutet, daraufhin zu arbeiten, die Anhaftungen an Körper und Geist wirklich aufzugeben. Es ist keine Praxis zur persönlichen Entwicklung. Es geht im Gegenteil darum, alles Persönliche in uns aufzugeben und die universelle Dimension unserer Existenz zu realisieren. Dies ermöglicht uns, mit allen Wesen solidarisch zu sein, uns mit allem Lebendigen verbunden zu fühlen und das wahre Leben ohne Trennung zu verwirklichen. Wer dies realisiert, empfindet eine große Freude, wie wenn man etwas wiederfindet, das man verloren glaubte.
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